2.Juni 2013
Der Evangelist Lukas erzählt uns in diesem Abschnitt seines Evangeliums von einem Heilungswunder. Diese Krankenheilung geschieht aber auf Distanz: Jesus geht nicht einmal hin und am Schluss wird nur festgestellt, dass der Kranke geheilt ist. Die Heilung geschieht nur am Rande. Im Mittelpunkt steht etwas ganz anderes.
Es geht hier um einen Fremden, einen römischen Offizier. Er ist zwar dem jüdischen Volk wohlgesinnt – er hat der Gemeinde in Kafarnaum sogar eine Synagoge gebaut – aber er ist ein Ausländer, gehört zu der Besatzungsmacht und ist ein Heide. „Er gehört eigentlich nicht zu uns.“ So ein Mann wird nun von Jesus nicht nur gelobt, sondern als Beispiel für das gläubige Volk dargestellt: „Nicht einmal in Israel habe ich einen solchen Glauben gefunden.“ Sein Glaube ist größer und tiefer als eurer! Ist das von Seiten Jesu nicht eine totale Provokation?
Wir dürfen nicht vergessen, dass Lukas sein Evangelium für Christen geschrieben hat. Und die ersten Christen - die Juden waren - haben länger mit der Frage gerungen: „Können wir auch Nicht-Juden in unsere Gemeinschaft aufnehmen? Müssen sie sich nicht zuerst beschneiden lassen und all unsere Reinheitsgebote übernehmen, bevor sie zu uns gehören können, also Christen werden? Das war ein Grundsatzproblem, das erst im Jahr 48, in einer Art Konzil, von Paulus und den anderen Aposteln in prinzipe gelöst wurde. Auch Nicht-Juden, also Heiden, können zu uns gehören, also Christen werden.
Im Grunde genommen taucht dieses Problem – auf einer anderen Ebene – auch immer wieder bei uns auf: Wer gehört eigentlich zu unserer christlichen Gemeinde? Es gibt da Pfarrmitglieder, deren Aktivitäten das Gemeindeleben tragen, die immer zur Stelle sind, wenn zugepackt werden muss, Christen, auf die eine Kirchengemeinde nicht verzichten kann. Man nennt sie oft auch die Basisgemeinde. Genau besehen sind sie aber der kleinste Teil aller Mitglieder einer Gemeinde. Dann gibt es auch noch die sogenannte Sonntagsgemeinde: Christen, die nur am Sonntag in die Kirche gehen, aber sonst am Pfarrleben praktisch nicht teilnehmen. Und da sind noch die „anderen“: die, die ganz selten beim Sonntagsgottesdienst auftauchen, vielleicht gerade mal zu den Hochfesten kommen oder wenn sie ihr Kind taufen lassen wollen oder die Oma stirbt und christlich begraben werden soll. Wie gehen wir mit denen um, die bei einer Erstkommunions- oder Firmungsfeier wieder einmal dabei sind? Ärgern wir uns über sie, da sie nur eine Dienstleistung, eine gut gestaltete Feier erwarten, aber sonst anscheinend selbst nichts beizutragen gewillt sind? So einfach ist das nicht. Denn immerhin: Sie unterstützen die Kirche und Gemeinde mit ihrem Kirchenbeitrag. Und ohne diesen Beitrag wäre vieles nicht möglich. Gehören sie zu der christlichen Gemeinde?
Jesus lobt den Glauben eines Mannes, der nicht zu der jüdischen Gemeinschaft dazu gehört: „Sein Glaube ist größer als euer Glaube!“ Lukas mutet seinen Lesern ein Wechselbad der Gefühle zu. Dieser ausländische, heidnische, römische Offizier hat ein großes Vertrauen zu Jesus: Ein Wort von dir genügt! Dieser Mann kennt die Wirkung eines Wortes. Als Offizier braucht er nur ein Befehl auszusprechen und es wird ausgeführt. So wie die Autorität seines eigenen Wortes reicht, um etwas zu bewirken, so traut er Jesus zu, allein durch sein Wort zu wirken. (Bei der Schöpfung sprach Gott und es geschah.) Ein Wort von Jesus reicht. Dieser Mann hat ein großes Gottvertrauen! In jeder Messe beten wir zum Teil wörtlich die Worte des Hauptmanns direkt vor dem Empfang der Kommunion: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, zu mir, kommst, aber sprich nur ein Wort…“ Absolutes Vertrauen, Glaube an die Macht Jesu, sich Verlassen auf die Fürsprache seiner Freunde, Wertschatzung einer ihm fremden Religion, das zeichnet den römischen Offizier aus.
An diesem tiefen Glauben können auch wir unseren Glauben messen lassen! Es geht nicht darum, ob wir Katechismusfragen beantworten können, sondern um unser Gottvertrauen!